Beitragsentwicklung Private Krankenversicherung
Zunächst sollte man sich über die Hintergründe und Ursachen für die Beitragsanpassungen klar werden. Es ist richtig, dass zum Teil steigende Leistungsausgaben im ambulanten und stationären Bereich zu verzeichnen waren, u.a. bedingt durch den medizintechnischen Fortschritt, die zu einem gewissen Beitragsanpassungsdruck geführt haben.
Hinzu kommt die steigende Lebenserwartung in Deutschland und die auch aufgrund dessen steigenden Kosten im Gesundheitswesen. In einer alternden Gesellschaft werden nicht nur immer mehr Menschen immer älter, sie nehmen auch über einen längeren Zeitraum medizinische Leistungen zum Teil auch in größerem Maße in Anspruch. Dies wirkt sich auch auf der Kostenseite des Versicherers aus, sodass die Leistungsausgaben steigen.
Hinzu kommt noch eine für die privaten Krankenversicherer, aber auch für Lebens- und Rentenversicherer sehr unerfreuliche Entwicklung bei den Erträgen aus den Kapitalanlagen.
Aus der Verzinsung der Kapitalanlagen finanzieren die PKV-Unternehmen einen Teil der notwendigen Beiträge für die Kunden. Aufgrund der lang andauernden Niedrigzinsphase und der anhaltenden schwierigen Situation an den Kapitalmärkten stehen allerdings inzwischen deutlich geringere Finanzmittel zur Verfügung, so dass einige private Krankenversicherer bereits erhebliche Probleme haben, eine ausreichende Nettoverzinsung aus den Kapitalanlagen zu erzielen, um den seit mehr als 50 Jahren geltenden Höchstrechnungszins von 3,5 % noch erwirtschaften zu können.
Deshalb war bis vor kurzem eine heftige Diskussion zwischen den privaten Krankenversicherern entbrannt, ob nicht dieser Höchstrechnungszins auf 3 % abgesenkt werden sollte.
Die Folge einer solchen Absenkung des Höchstrechnungszinses wäre es gewesen, dass die bisher mit 3,5 % kalkulierten Tarife neu berechnet werden müssten. Dies hätte zusätzliche Beitragsanhebungen von 6 bis 8 % zur Folge gehabt, um so eine ausreichende Alterungsrückstellung überhaupt gewährleisten zu können. Dies sollte unter allen Umständen vermieden werden.
Hinzu kommen noch Auswirkungen aufgrund gesetzgeberischer Eingriffe, so dass insgesamt die Begründungen für weitere Beitragsanpassungen nicht von der Hand zu weisen sind. Teilweise sind diese allerdings auch durch zu niedrig tarifierte Einstiegsprämien für Neukunden bei den sog. Einsteigertarifen begründet und insofern bei dem einen oder anderen Krankenversicherer zumindest teilweise hausgemacht.
Das Beitragsanpassungsproblem ist, wie bei der GKV, ein immanentes Problem der privaten Krankenversicherer, die aufgrund der bedingungsgemäßen Möglichkeit gemäß § 8 MB/KK 2009 entsprechende Eingriffe vornehmen können, gleichzeitig dabei die Selbstbeteiligung erhöhen können und bei Risikozuschlägen auch diese erhöhen.
Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung werden nach dem Äquivalenzprinzip berechnet, das heißt, sie sind so bemessen, dass sie den für die gesamte Vertragsdauer zu erwartenden Versicherungsleistungen entsprechen. Der altersbedingte Ausgabenanstieg wird durch die Alterungsrückstellung berücksichtigt. Nicht berücksichtigt sind dagegen in der Beitragskalkulation die durch Kostenänderungen im Gesundheitswesen aufgrund des medizinischen Fortschritts oder durch eine erhöhte Schadenhäufigkeit im eigenen versicherten Tarif hervorgerufenen Ausgabensteigerungen. Diese Veränderungen sind im Voraus nicht zu übersehen und infolgedessen kalkulatorisch auch nicht erfassbar.
Diesem Veränderungsrisiko kann der Versicherer nur durch die Beitragsanpassung Rechnung tragen. Danach vergleicht der Versicherer zumindest einmal jährlich die kalkulierten Versicherungsleistungen mit den erforderlichen Versicherungsleistungen. Ergibt diese Gegenüberstellung eine Abweichung von mehr als 5 % bzw. 10 %, werden die Beiträge dem geänderten Leistungsbedarf angepasst. Dabei können auch Selbstbehalte und Einschlussbeiträge geändert werden.
§ 8b der MB/KK 2009 regelt die Möglichkeit des Krankenversicherers zur Beitragserhöhung. Er vergleicht zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten.
Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Private Krankenversicherung Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Prozentsatz, dann werden alle Beiträge vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst.
Unter den gleichen Voraussetzungen kann auch die Höhe der Selbstbeteiligung oder die Höhe von Risikozuschlägen angepasst werden. Beitragsanpassungen sowie Änderungen von eventuell vereinbarten Risikozuschlägen werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung des Versicherungsnehmers folgt.
Für die Versicherungskunden ist es wichtig, die Zusammenhänge und Hintergründe einer Beitragserhöhung zu erkennen, damit sie verstehen, weshalb nach einer Beitragsanpassung die Beiträge nicht mehr aus den Tarifdruckstücken abgelesen werden können. Im Grunde geschieht bei einer Beitragsanpassung nichts anderes als bei einer normalen Höherversicherung auch, nur muss die Erhöhung des Versicherungsschutzes nicht erst beantragt werden. Sie erfolgt automatisch ohne erneute Risikoprüfung.
Die Beitragsanpassung drückt eine interne Erhöhung des Versicherungsschutzes aus. Deshalb gelten die Grundsätze wie für eine normale Höherversicherung. Die für die Mehrleistung benötigten zusätzlichen Beitragsteile müssen nach dem aktuellen Alter berechnet werden. Zwei unterschiedliche Rechenmethoden können dabei verwendet werden:
Zum einen legt man dem neuen Beitrag das zum Zeitpunkt der Anpassung erreichte Alter zugrunde und berücksichtigt die bis dahin zurückgelegte Versicherungszeit durch einen Beitragsnachlass.
Zum anderen bildet das Eintrittsalter weiterhin die Berechnungsgrundlage. In diesem Falle wird dann die Altersdifferenz durch einen Mehrbeitrag berücksichtigt.
Beide Rechenarten führen zum gleichen Ergebnis. Sie berücksichtigen auch den Grundsatz: Für den ursprünglichen Umfang des Versicherungsschutzes gilt das ursprüngliche Eintrittsalter weiter - für die Mehrleistungen gilt das aktuelle Alter.
Grundsätzlich werden die erforderlichen Beitragsanpassungen altersabhängig in absoluter Höhe, also als EUR-Wert festgelegt. Während der Neukunde beispielsweise 450 EUR Monatsbeitrag zahlt, bei einer Anpassung um 30 EUR dementsprechend 480 EUR als neuen Beitrag monatlich zahlen muss und damit eine Anpassung um 6,6 % hinnehmen muss, sieht die Berechnung für den Bestandskunden anders aus. Der gleichaltrige Bestandskunde hat aufgrund seiner Vorversicherungszeit, und diese kann eine ganze Reihe von Jahren betragen, Alterungsrückstellungen aufgebaut. Angenommen sein Beitrag liegt bei 300 EUR, dann bedeutet die Erhöhung um 30 EUR für ihn eine Steigerung um 10 % auf 330 EUR Monatsbeitrag.
Wenn sich mit dem Rentenbeginn der versicherten Person das zur Verfügung stehende Einkommen deutlich verringern sollte und gleichzeitig die Beiträge mit zunehmendem Alter einkommensunabhängig weiter steigen, kann ein Problem entstehen. Durch gesetzgeberische Eingriffe (zusätzliche Alterungsrückstellungen, gesetzliches Tarifwechselrecht, Standardtarif, Basistarif) und brancheneigene Versuche (Beitragsentlastungstarife) hatte man bereits in der Vergangenheit versucht, diesem Thema die Spitze zu nehmen, aber nach wie vor ist es nur schwer vermittelbar, wenn ältere Versicherte über 60 mit monatlichen Beiträgen weit über denen der GKV belastet sind und ein erheblicher Teil der Renten für den Private Krankenversicherung Versicherungsschutz verwendet werden muss.
Und auch die Einzelversicherung von Kindern und Ehepartnern sollte im Vergleich zur kostenfreien Familienversicherung in der GKV erörtert werden.
Bei Existenzgründern und Selbständigen werden oftmals sog. Einsteigertarife / Kompakttarife mit hoher Selbstbeteiligung und möglichst niedrigen Beiträgen bei eingeschränktem Leistungsumfang angeboten. Hier sollte man ganz offen darüber sprechen, dass dieser limitierte Versicherungsschutz nur für die ersten finanziell schwierigen Jahre vorgesehen wird, mit der klaren Absichtserklärung, sich zu gegebener Zeit über Tarifalternativen zu unterhalten.
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